Arisierung
"Arisierungen" zielten auf die
systematische Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung aus dem
Wirtschafts- und Alltagsleben ab. Durch den Raub des Besitzes sollten
die Enteigneten zur Flucht gedrängt werden.
Sofort nach dem Einmarsch deutscher Truppen in
Österreich begann ein zunächst spontaner, dann staatlich
geregelter Raubzug gegen jüdisches Vermögen. In den so
genannten "wilden" Arisierungen ("wild",
weil von den Nationalsozialisten noch nicht per Gesetz
scheinlegalisiert) beraubten
ÖsterreicherInnen ihre jüdischen MitbürgerInnen
ungehemmt ihrer Eigentümer. Wenig später wurde mit der
Vermögensverkehrsstelle eine zentralisierte Behörde
geschaffen, die die staatliche Überwachung und Beeinflussung aller
"Entjudungsvorgänge" gewährleisten sollte. Die
"Arisierung" bezog sich dabei nicht nur auf
Zwangsverkäufe von Geschäften, sondern auch auf den Entzug von Alltagsgegenständen. Fest steht, dass die
nationalsozialistischen Behörden äußerst gründlich
und zügig arbeiteten: Anfang 1940 gab es nahezu keine
jüdischen Unternehmen mehr auf dem einstigen österreichischen
Territorium.
Saalfelden: In
Saalfelden waren neun Menschen direkt vom Vermögensentzug
betroffen. Die dargestellten Fallbeispiele des Kaufhauses Kant und des
Sägewerkes Süssmann zeigen, dass auch in Saalfelden
jüdische Menschen ihrer Güter beraubt wurden, und dass auch
hier der enteignete Besitz nur zögerlich rückerstattet worden
ist.
Restitution in Österreich: "Ich wäre dafür,
dass man die Sache in die Länge zieht." Dieser 1948 getätigte Ausspruch des damaligen
Innenministers Helmer ist mit Recht zum Synonym für
Österreichs zögerlichen Umgang mit der Rückgabe
geraubten Vermögens geworden.
Die "Ariseure" versuchten in den
Prozessen oft nachzuweisen, dass der Raub nicht im Zusammenhang mit dem
Nationalsozialismus gestanden hatte, sondern ohnedies ein Verkauf
geplant war. Oft argumentierten sie, dass es sich bei den
übernommenen Waren um eine minderwertige Qualität gehandelt
habe, und die Betriebe ohnedies hätten aufgelöst werden
müssen. Außerdem hätte man den Verfolgten durch das
Abkaufen deren Eigentums doch nur geholfen, und ihnen damit die
Ausreise ermöglicht und das Leben gerettet.
Die sich mit "Arisierungen" befassenden
Rückstellungsprozesse dauerten in Salzburg durchschnittlich
zwischen 15 und 16 Monate, manche erstreckten sich jedoch über
mehrere Jahre. Insgesamt wurden bei der Rückstellungskommission am
Landesgericht mehr als 190 Rückstellungsprozesse geführt.
Etliche Geschädigte mussten mehrere Verfahren bestreiten, um ihr
Eigentum zurückzuerhalten.
17,7 Prozent dieser Fälle wurden abgewiesen,
29,8 Prozent endeten in einem Vergleich, 22,7 Prozent in einer
Rückstellung im Sinne der Antragssteller. Sehr oft verzichteten
die Geschädigten auf die Rückerstattung von
Erträgnissen, um die Verfahren nicht zu verkomplizieren. Die
Rückstellungen in den beiden Saalfeldner Fällen
(Sägewerk Süssmann und Kaufhaus Kant) stellen sich
unterschiedlich dar.
Quellen: Lichtblau, Albert (2004). "Arisierungen", beschlagnahmte Vermögen,
Rückstellungen und Entschädigungen in Salzburg. Wien, S. 7, S. 20ff., S. 133ff.; Bailer-Galanda, Brigitte (2002). Die
Rückstellungsproblematik in Österreich, in:
Goschler/Lillteicher, "Arisierung" und Restitution, S. 166,
S. 173ff.; Etzersdorfer, Irene (1995). Arisiert. Eine Spurensuche im
gesellschaftlichen Untergrund der Republik. Wien, S. 7ff., S.
19ff.;
Safrian, Hans (2002). Beschleunigung der Beraubung und
Vertreibung. Zur Bedeutung des "Wiener Modells" für die
antijüdische Politik des "Dritten Reiches" im Jahr 1938, in: Constantin Goschler/Jürgen Lillteicher (Hrsg.):
"Arisierung"und Restitution. Die Rückerstattung
jüdischen Eigentums in Deutschland und Österreich nach 1945
und 1989. Göttingen, 2002, S. 73ff.;