Flucht und Hoffnung
Mehr als 1,5 Mio. Menschen waren mit Ende des
Krieges 1945 auf der Flucht durch Österreich. Zunächst
handelte es sich dabei großteils um "Volksdeutsche",
die durch die vorrückenden alliierten Soldaten aus den von
NS-Deutschland besetzten Gebieten Mittel- und Osteuropas vertrieben
wurden. Leider lässt sich die Zahl der Menschen, die aus diesem
Grund in Saalfelden gestrandet waren, nicht exakt nachzeichnen,
allerdings dürfte es sich um einige Hundert gehandelt haben, die
aus den verschiedensten Ländern kommend in den Lagern z.B. in Haid
oder in der Anton-Wallner-Kaserne untergebracht waren. Ab 1946 wurden
die Bemühungen seitens Österreichs verstärkt, diese
Flüchtlinge wieder in ihren Ursprungsländern zu repatriieren.
Ausnahmen gab es, allerdings war es gerade in Saalfelden aufgrund der
enormen Wohnungsnot, der großen Anzahl an Flüchtlingen und
der Anwesenheit von ca. 3.000 US-amerikanischen Soldaten sehr
schwierig, die Genehmigung für eine Aufenthaltsverlängerung
zu erhalten.
Jüdische Flüchtlinge in Saalfelden 1946
bis 1949
Zusätzlich zu diesen Flüchtlingsgruppen
waren auch hunderttausende Juden auf der Flucht durch Österreich.
Sie waren zunächst - je nach Herkunftsland - den allgemeinen
Flüchtlingslagern zugeteilt. Im April 1946 gelang es der Bricha,
den Verantwortlichen der Besatzungsmächte endgültig klar zu
machen, dass die jüdischen Flüchtlinge nicht länger
aufgrund ihrer Nationalität einzelnen Flüchtlingslagern
zugewiesen werden durften, sondern dass für sie eigene Lager
eingerichtet werden mussten. Der Grund dafür lag in den immer
wieder berichteten antisemitischen Übergriffen anderer DPs (=
Displaced Persons) gegenüber den Juden.
Im August 1946 beschloss die
US-Militärverwaltung, im DP-Lager in der Anton-Wallner-Kaserne
zukünftig ausschließlich jüdische DPs unterzubringen.
Das bis dahin dort befindliche "DP-Camp Nr. 36. Lager der
Deutschen aus Jugoslawien" wurde in den Baracken des ehemaligen
Reichsarbeitsdienstes untergebracht.
Das Verhältnis zwischen den DPs und der Saalfeldener Bevölkerung war von Anfang an geprägt durch
gängige antisemitische Vorurteile und die Angst, die
Lebensgrundlage in der Gemeinde könnte durch die Errichtung des
jüdischen DP-Lagers noch schwieriger werden. Über die
tatsächliche Situation dieser Flüchtlingsgruppe, ihre
Geschichte(n) und den Lageralltag wussten nur wenige SaalfeldenerInnen
Bescheid. Welch zentrale Bedeutung das jüdische DP-Lager mit
Namen "Givat Avoda" (= "Hügel der Arbeit"),
das ca. 3.000 Menschen Zuflucht bot, im Zusammenhang mit der
jüdischen Fluchtbewegung aus den osteuropäischen Staaten nach Palästina hatte, war bisher nur sehr wenigen SaalfeldenerInnen
bekannt. In der Saalfeldener Chronik beispielsweise findet sich nur
einmal im Zuge der Darstellung der Geschichte der Anton-Wallner-Kaserne
ein Hinweis auf "Givat Avoda". Die Geschichte dieses Lagers
und die Geschichte(n) der Menschen, für die es Zwischenstation auf
ihrem Weg nach Palästina war, ist auch ein Teil der Geschichte
dieser Stadt.
Quellen:
Ben-Natan, Asher/ Urban, Susanne (2005). Die
Bricha. Aus dem Terror nach Eretz Israel. Ein Fluchthelfer erinnert
sich, Düsseldorf, S. 104ff.; Der Alltag der jüdischen DPs
(1999), in: Juden auf der Flucht durch Österreich, Wien. S. 73.;
Albrich, Thomas (1998). Vorwort, in: Albrich, Thomas (Hg.): Flucht nach
Eretz Israel. Die Bricha und der jüdische Exodus durch
Österreich nach 1945, Innsbruck, S. 7.; Albrich, Thomas (1998).
Zionisten wider Willen. Hintergründe und Verlauf des Exodus aus
Osteuropa, in: Albrich, Flucht nach Eretz Israel, S. 15-17.;